Feuerwehrmann Guido gegen den Ärmelkanal
Guido Wennekers, Berufsfeuerwehrmann aus Duisburg, plant eine der härtesten Herausforderungen im Extremsport: die Durchquerung des Ärmelkanals zwischen England und Frankreich.
16 Grad kaltes Salzwasser, 500 Schiffsbewegungen täglich – quasi die A40 der Weltmeere. 32 Kilometer misst die Strecke von der englischen Küste bei Dover bis zur französischen bei Calais. Aufgrund unberechenbarer Strömungen, starken Wellengangs und wechselnder Gezeiten summiert sich die zurückzulegende Strecke jedoch eher auf rund 40 Kilometer. „Der Ärmelkanal will eigentlich nicht, dass man ihn durchschwimmt“, weiß Guido Wennekers. Trotzdem will es der Duisburger Berufsfeuerwehrmann der Wache Rheinhausen wagen - ziemlich genau 150 Jahre nach der ersten erfolgreichen Durchquerung am 25. Juli 1875.
„Der Termin ist allerdings reiner Zufall“, sagt der Hardcore-Schwimmer. Seit gut drei Jahren bereitet er sich auf die Strapaze vor. Irgendwann zwischen dem 19. und 26. Juli – wenn das Wetter mitspielt- bekommt er dann das Startsignal der „Channel Swimming Association“, geht knöcheltief an einem Strand in Dover ins Wasser und krault los. Ab dann darf er weder ein Boot noch einen Menschen berühren. Auch Pausen sind verboten. So besagen es die strengen Regeln. Zwölf bis 14 Stunden später wird Guido Wennekers wieder festen Boden unter den Füßen haben - und jubeln. Pro Stunde hat er dann circa 1000 Kalorien verbrannt und alle 25 Minuten flüssige Kohlenhydrate gereicht bekommen.
Der Mount Everest der Schwimmer
„Der Ärmelkanal ist der Mount Everest der Schwimmer“, zieht der 49-jährige zweifache Familienvater einen großen Vergleich. Macht ihm das Angst? Iwo. Ist er aufgeregt? „Nein, aber voller Vorfreude. Ich habe ein Faible dafür, mich körperlich und mental an meine Grenzen zu bringen“, sagt jemand, der schon einen 100-Kilometer-Lauf in den Knochen hat und bereits zweimal den Bodensee (je 10 km) und einmal das Ijsselmeer (21 km) durchschwamm.
Hilfsmittel verboten
Schon als Kind sei er immer gerne im Wasser gewesen - bei der DLRG und im Schwimmverein. Früh habe er mit Wasserball angefangen. Auch beruflich im Lösch- und Rettungsdienst ist Wasser sein Element. „Aber eine so lange Strecke im offenen Meer bin ich noch nie geschwommen.“ Jegliche Hilfsmittel wie Flossen und Neoprenanzug sind laut Regelwerk untersagt, nur Schwimmbrille und Badehose erlaubt. „Während des Trainings habe ich davon auch einen ganzen Haufen verschlissen.“
Was für Guido Wennekers eine normale Trainingswoche ist, wäre für die meisten Freizeitbadenden eine Lebensleitung. Wöchentlich legt er 50 bis 60 Kilometer im Freistil zurück. Im Winter in verschiedenen Hallenbädern, ab Frühjahr im Freiwasser. „Baggerseen oder auch Nebenarme der Maas“, nennt der Sportler mit den Gardemaßen (90 kg Muskelmaße bei 1,84 Meter Körpergröße) als seine Stammgewässer. Da er in Straelen wohnt, sind die niederländischen Badegebiete in der Nähe. Aber auch der Barbarasee in Duisburg sei „richtig gut - eine top Anlage“.
Das Team hinter dem Einzelkämpfer
Schwimmer gelten oft als Einzelkämpfer, aber Guido Wennekers betont: „Bei der Feuerwehr geht nichts ohne eine starke Mannschaft und auch Schwimmen ist keine Einzelleistung.“ Acht Leute zählen zu Wennekers Schwimm-Familie: darunter ein Notarzt, ein Rettungsschwimmer, zwei Kapitäne und ein sogenannter Observer. Sie alle werden im Lotsenboot dabei sein, das ihn im Ärmelkanal absichert. „Mein Team ist einfach großartig. Alle opfern viel Zeit für dieses Projekt, weil sie wisse: So etwas gehört in die Rubrik ,once in a lifetime‘.“ Auch die Feuerwehrfamilie zieht mit. „Die kennen und unterstützen mich und die 24-Stunden-Schichten auf der Wache kann ich gut mit Kraft- und Physiotraining kombinieren.“
Gedanken auf stumm geschaltet
Anfang Juni reist Wennekers noch einmal für eine Woche nach Dover - zum sechsstündigen Qualifikationsschwimmen. Für den Extremschwimmer ist das jedoch nur eine Routineveranstaltung. Bei so langen Einheiten stellt er seine Gedanken auf stumm. „Den Kopf habe ich mental darauf eingestellt. Man ist ohnehin stark mit der Situation beschäftigt, ansonsten zählt man banale Dinge – zum Beispiel seine Kraulzüge.“
Nach dem Ärmelkanal ist vor dem nächsten Mega-Event. Beine hochlegen? Passt nicht in Wennekers Alltag. „Vielleicht schmeiße ich danach mal den Grill an und gönne mir ein Bier. Aber eine Ärmelkanal-Durchquerung ist die Eintrittskarte für weitere Extrem-Veranstaltungen…“