Offenes Atelier 2025: Ein Interview mit Florian Glaubitz

Florian Glaubitz ist aktueller Aufenthaltsstipendiat der Stadt Duisburg, lebt und arbeitet daher erst seit Anfang des Jahres hier in der Ruhrgebietsstadt. Seine Wirkungsstätte befindet sich im Kultur- und Freizeitzentrum Rheinhausen (KFZ).
Von Carolin Kampschulte

Er nutzt die Möglichkeit beim „Offenen Atelier“ mehrere Gäste einzuladen. Welche das sind, verrät er im Interview.

Außerdem sprechen wir darüber, warum das Gehen für seinen künstlerischen Prozess elementar ist, was ihn an Schwellenräumen berührt, was es für ihn bedeutet, unfertige Kunst zu zeigen, und wieso er Duisburg aufregend findet und die Industriekultur faszinierend.

Suchbewegung
im Gespräch mit Florian Glaubitz.

Künstler Florian Glaubitz

Welche Projekte bewegen dich?

Ich arbeite mit Fotografien, installativ und bin zeitweise kuratorisch tätig. Gerade beschäftigen mich drei Projekte intensiv. Dafür habe ich am Niederrhein, in Duisburg und in Loheland fotografiert.  
Im Fokus steht das Gehen – hinaus aus der Stadt und wieder hinein. Es geht um die Übergänge zwischen urbanen und ländlichen Räumen. Diese Schwellenräume erschließe ich mir zu Fuß, denn das Gehen ist für mich eine zentrale Praxis: In Bewegung zu sein, schafft Freiraum für Wahrnehmung und Reflexion. 

Die Momente fängst du mit der Kamera ein?

Ja, Fotografie schafft dabei einen Möglichkeitsraum, um Vorurteile zu hinterfragen und neue Perspektiven ausfindig zu machen. Dadurch gelingt es mir, Begegnungen zwischen Menschen und deren Lebenswelten unmittelbar festzuhalten. Indem ich viel mit Nahaufnahmen spiele, thematisiere ich Nähe und Distanz gleichermaßen. Die teils überdimensionalen, abstrakten Darstellungen machen Materialität und Sinnlichkeit erst erfahrbar und die Oberfläche greifbar, auch wenn die Fragmentierung das unmittelbare Erkennen des Motivs erschwert. Ich lade Betrachtende somit ein, das Essentielle hinter den Formen zu suchen und schließlich auch zu entdecken

Wirst du laufende Arbeiten bis zum „Offenen Atelier“ abschließen?

Meine Besucherinnen und Besucher sollen Teil des Prozesses werden – gerade dieser ist unheimlich förderlich und wirklich belebend. In meinem Atelier liegen viele Stapel mit Testabzügen aktueller und älterer Fotografien. Es ist ein Zwischenstand, der alltägliche, oft übersehende Momente präsentiert.  

Ein Prozess hinter dessen Fassade man schauen darf?

Meine Werkgruppen entwickeln sich über Jahre hinweg. Ich zeige manche Arbeiten zum Teil nur hier. Und voraussichtlich in anderer Konstellation in meiner nächsten Ausstellung. Der Dialog mit den Gästen hilft mir, die Arbeit weiterzudenken und eine Sprache für das zu finden, was ich mache. Denn Bild und Sprache funktionieren für mich auf ganz unterschiedliche Weise. Im besten Fall entstehen Anregungen für beide Seiten. 

Bist du aufgeregt, wenn du unfertige Kunst zeigst, macht dich das verletzlich?

Es ist immer aufregend, neue Arbeiten zu zeigen. Anfangs mischt sich oft ein Gefühl von Scham oder Zurückhaltung dazu – doch die Neugier auf das, was kommt, überwiegt. Ich genieße den Austausch und bin voller Vorfreude. 
Derzeit arbeite ich an einem neuen Katalog und an einer umfangreichen Webseite, die Anfang/Mitte nächsten Jahres fertiggestellt werden soll. Es wird Zeit – meine letzte Publikation Mutter Architektur liegt bereits eine Weile zurück. Auch im digitalen Raum bin ich inzwischen bereit für mehr Präsenz. 

Wie gefällt dir Duisburg eigentlich?

Duisburg ist aufregend – die Industriekultur fasziniert mich. Ich fühle mich hier unheimlich wohl und ziehe in Erwägung, vorerst zu bleiben, wenn mein Aufenthaltsstipendium im Dezember endet. Auch die erwähnte Publikation würde ich gern hier fertigstellen. Daher bin ich momentan auf der Suche nach einem geeigneten Raum, in dem ich die Arbeiten umfassend präsentieren kann.   

Wo warst du vorher tätig und beheimatet?

Ich habe bereits an verschiedenen Orten gelebt: Studiert habe ich an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig, war anschließend Meisterschüler in Mainz und habe danach in Münster gelebt und als Kurator gearbeitet. Überall sind wertvolle Begegnungen entstanden, die bis heute fortwirken. 

Gastkünstlerinnen Yui Tombana (li.) +Hui-Chen Yun mit Elisabeth Höller (re.)

Inwieweit profitierst du davon oder auch die Duisburgerinnen und Duisburger als Publikum, die nun deine Kunst zu sehen bekommen?

Das Schöne ist: Einige Kolleginnen aus Münster werden zu Gast sein – unter anderem Yui Tombana und Hui-Chen Yun, die skulptural arbeiten. Mit Zeichnung und Keramik. Sie werden der Einladung von Elisabeth Höller folgen und auch hier bei uns im KFZ ausstellen. Außerdem ist Fotografin und Artenforscherin Alba Frenzel da, die ihre Arbeiten im Flur vor meinem Atelier zeigen wird. Wir haben die drei für die „Offenen Ateliers“ eingeladen. Sie haben so einen wunderbaren Blick auf die Welt. Ich bin großer Fan. Es gibt viel zu sehen – und viel, worüber wir uns austauschen können.  

Also vorbeischauen?

Auf jeden Fall. Solche Orte, wie die städtisch subventionierten Ateliers, sind rar. Es ist wichtig, dass sie gefördert werden. Somit kann ich nur sagen: Nutzt die Gelegenheit und besucht uns.  

FLORIAN GLAUBITZ