Offenes Atelier 2025: Ein Interview mit Alexander Voß
Alexander Voß macht in diesem Jahr erneut beim „Offenen Atelier“ mit. Heute betreten wir schon mal exklusiv seine Kunststätte auf der Schulstraße in Duisburg Baerl.
Von Carolin Kampschulte
Und wir reden.
Wir reden über sein Engagement bei der Interessengemeinschaft Duisburger Künstler (IG) und den stetigen Anspruch, seine Arbeit voranzutreiben.
Auch über seinen Lebensweg, was seine Kunst auszeichnet, warum er Kritik und Reibung gern aushält, sie sogar von Betrachtenden einfordert und wieso Reduktion oftmals Schlüssel seiner Werke ist.
Es kristallisiert sich während des Gesprächs heraus: Kunst bringt Menschen zusammen und öffnet die Sicht für andere Blickwinkel. Wie das „Offene Atelier“: Ein Türöffner – hin zu mehr Akzeptanz und Sichtbarkeit der Szene. Sogar über die Stadtgrenzen hinaus.
Was ist das schönste Kompliment, das Sie für Ihre Werke bekommen haben?
„Die sind gut!“ Das höre ich von Kolleginnen und Kollegen, Kuratoren und Museumsleitern. Es ist genauso schlicht, minimalistisch, einfach und zugleich komplex wie meine Kunst.
Und was sagen Ihre Gäste, die Sie beim „Offenen Atelier" besuchen?
Das habe ich schon mal auf dem Sperrmüll gesehen!
Provokant!
Nicht so charmant, stimmt. Kränkt mich aber gar nicht. Es zielt auf den Punkt des Missverständnisses. Es gilt den alltäglichen Blick auf die Dinge zu ändern. Schließlich müssen sich Betrachtende Kunst erarbeiten. Sie fordert uns Menschen, weil sie nicht direkt erklärbar ist. Eine wichtige Erfahrung dabei ist, Widerstände zu durchstehen. Wer sich fordert, ist offen für neue Wege und kann die Welt und Gesellschaft prägen und mitgestalten. Dadurch entstehen aktive Menschen.
Also gehen Ihre Besucherinnen und Besucher am Ende des Tages mit einer anderen Akzeptanz gegenüber der Kunst raus?
Genau. Was folgt, ist eine ernsthafte Wertschätzung unserer Arbeit. Denn der Austausch mit uns Kunstschaffenden schärft den Blick für die Sinnhaftigkeit. Daher halte ich Kritik gern auch mal aus. Sie ist elementar.
Welchen Stellenwert hat das „Offene Atelier" in der Freien Szene?
Einen großen. Es ist für die Präsenz von Duisburger Künstlerinnen und Künstlern bedeutend. Die Ateliertage sind ein wichtiger Fixpunkt. Denn Kunst wird so in einer neuen Intensität wahrgenommen.
Wie schaffen Sie Kunst und diese Intensität?
Ich fertige zunächst eine Skizze an. Für die Umsetzung nutze ich dann unscheinbares Material – Spanplatten oder Glasscheiben. Diese werden nach vorgegebenen Zeichnungen kontrolliert gebrochen oder geschnitten. Dabei hat das Material immer auch seine Eigenwilligkeit, die nicht immer vorausbestimmbar ist. Die Arbeit wird auf die mir wichtige Darstellungsform, die Linie, reduziert. Hierdurch ist eine eigenständige Bildsprache entstanden.
Ist das Minimalistische somit zentral?
Ja, der Linienschnitt ist im Sinne der Zeichnung auf das Wesentliche reduziert und bewusst gesetzt. Dabei ist es auch ein Spiel mit der Wahrnehmung. Was ist bewusst? Was Zufall? Wo steckt die künstlerische Leistung? Wichtig für mich ist die stetige Reflexion.
Wie gelingt diese?
Ich überprüfe immerzu die Mittel auf Intention und frage mich: Ist es nur Ästhetik oder konsequente Umsetzung? Ich bin in Bewegung und will keinem abgespeichertem Automatismus unterliegen.
2022 wurde Ihnen der CityARTists Kunstpreis NRW verliehen. Wie haben Sie sich Ihre Vita, wie Ihre Werke erarbeitet?
Ich habe stets darauf geschaut, Kontakt zu Fachleuten der Kunst zu bekommen. Am besten beim Gespräch in meinem Atelier. Dabei sind auch Stipendien und Kunstpreise hilfreich. Das Wichtigste jedoch ist die Präsentation der Werke in Ausstellungen. So ist im Laufe der Zeit die Vita entstanden.
Ich habe in Essen „Fotografie und Grafik" studiert. Nebenbei jobbte ich in den Semesterferien im Krankenhaus. Da habe ich Patientinnen und Patienten behutsam mit feinen Strichen skizziert. Ich nähere mich Dingen vorsichtig. Die dadurch wahrgenommene Verbindung von Leben und Tod, wie sie östliche Philosophien darstellen, haben mich für diese Lebensbetrachtung sensibilisiert. In dem Moment des Zeichnens suche ich das Wesentliche und reduziere das Objekt. Das ist entscheidend. Erkenne, was wichtig ist, den Rest lass weg.
Nebenbei engagieren Sie sich ehrenamtlich in der Interessengemeinschaft Duisburger Künstler (IG) als Sprecher und organisieren unter anderem Diskussionen und Künstlergespräche.
Das sehe ich als meinen Beitrag, weil ich von den Bürgerinnen und Bürgern Duisburgs mietfrei zum Selbstkostenpreis mein Atelier beziehe. Dafür verpflichte ich mich, meine Arbeit ernsthaft vorantreiben. Die IG ist ein Wirkhebel. So werden wir gehört und kommen auf Augenhöhe ins Gespräch. Man kann was bewegen, wenn man miteinander spricht. Es geht darum, den Kontext und die Qualität von Kunst wahrnehmbarer zu machen. In Duisburg schöpfen wir aus einem großen Repertoire.

