Duisburg unterm Dach: Reinhold Stausbergs historische Schätze

Wer Reinhold Stausbergs Wohnung in Wedau betritt, wird schon auf der Fußmatte von Duisburger Historie begrüßt. Alte Meisterbriefe hängen eingerahmt im engen Flur neben längst vergessenen Straßenschildern und ein hölzerner Beichtstuhl aus der früheren Kapelle des St. Anna-Krankenhauses dient als Ablage...

Der 66-Jährige ist vielleicht der passionierteste Sammler Duisburger Dinge und Stammgast im Stadtarchiv.

Sein größter Stolz ist die umfangreiche Postkarten-Kollektion mit Motiven seiner Heimatstadt. Genau gezählt hat er sie schon lange nicht mehr, „aber es sind bestimmt über 17.000“, sagt der Duisburg-Fan. Sie sind in gut 40 Ordnern und Kisten nach Stadtteilen sortiert. „Und ich bin noch lange nicht fertig.“ Vor allem die Randbezirke haben es ihm inzwischen angetan. „Von der Innenstadt, vom Rathaus oder dem Theater gibt es genug Bilder, vom Duisburger Süden hingegen nur wenige.“ 

Gruß aus Ruhrort von 1900: Damals beschrieb man die Karten noch auf der Vorderseite.
Bergbaumotive prägten viele der alten Ansichtskarten. Sie gehören zu Stausbergs Lieblingen.

Schatzgrube Flohmarkt

Fündig wird Stausberg auf Trödelmärkten in der gesamten Bundesrepublik. Seinem geschulten Blick entgeht dort nichts. Auch bei modernen Duisburg-Karten greift er zu. „Die sind aber eigentlich langweilig. Die alten - vor allem um die Jahrhundertwende - sind viel aufwändiger gestaltet“, findet der Sammler und holt kolorierte Darstellungen der Königsstraße hervor. „Bis 1905 war es üblich, seinen Text vorne auf und um das Bild herum zu schreiben, auf der Rückseite stand nur die Anschrift.“ Viele der historischen Ansichten vergleicht der Rentner mit der heutigen Stadt. „Ich finde es spannend zu sehen, wie sie sich verändert.“

Ein Krupp-Arbeiter trug diesen Helm während der Proteste 1987

Beichtstuhl im Wohnungsflur

Sein ältestes Karten-Schätzchen aus dem Jahr 1897 sucht er für die Besucher vergeblich. „Finde ich gerade nicht.“  Dafür zieht er eine aufklappbare Karte des alten Wedaustadions hervor. Sport scheint sowieso ein bei Touristen beliebtes Motiv zu sein. Immer wieder Fußball, immer wieder Ruderer und Regattabahn. Duisburg hat halt eine lange Tradition als Sportstadt. Und als Industriestadt. Zechentürme und Schlote reizen den Heimatforscher besonders. Derzeit baut der gelernte Schreiner ein Modell des 1963 zugemachten Schachts Franz-Ott aus Neuenkamp anhand von Schwarz-Weiß-Aufnahmen nach. Über seine handwerkliche Tätigkeit in der Krankenhausschreinerei von St. Anna kam er auch an sein größtes Objekt – den Beichtstuhl aus dem Baujahr 1928. „Aus Brandschutzgründen musste der weg“, erinnert sich Stausberg, „da habe ich den lieber genommen.“

Doch nicht nur religiöse Artefakte haben es ihm angetan. Sein größter Stolz grüßt von oben herab aus einem Holzschrank: ein Original-Helm eines Krupp-Arbeiters von 1987 mit kämpferischen Inschriften für den Erhalt des Werks Rheinhausen. „Den habe ich auf einem Flohmarkt für 15 Euro erstanden.“

Auch der Flur von Reinhold Stausbergs Wohnung gleich einem Duisburg-Museum.

Überhaupt lehnt der Wedauer wahrscheinlich kein Duisburger Andenken oder Fundstück ab. Seine Dachgeschosswohnung gleicht einem Museum. In einem Wandschränkchen hat Reinhold Stausberg teils noch ungeöffnete Schnupftabak-Päckchen und -Dosen aufbewahrt – wie die Sorte „Navy Cut Spezial-Auslese feiner leichter Haarschnitt“ der Tabak-Unternehmer „Carl & Wilh. Carstanjen Duisburg“. „Unter Tage durfte man ja kein offenes Feuer entzünden.“ Im Wohnzimmer sind in einer Vitrine Biergläser Duisburger Brauereien aufgereiht, in einem Glasschrank daneben zeugen diverse Aschenbecher von Zeiten, als die Raucherkultur noch schick war.

Auch das Rathaus ist natürlich eines der Gebäude, das am häufigsten auf Postkarten abgebildet wird und wurde.

Und dazwischen plötzlich ein Porzellan-Leuchtturm: Roter Sand, der vor Wangerooge steht. Wie passt der hier rein? „Den hat ein Duisburger gebaut – der Brückenbauer Johann Caspar Harkort im Jahr 1885.“  Brücken – noch so ein Thema, das Stausberg fasziniert. Einige Duisburger Brückenbauwerke hat er anhand von Plänen und Skizzen detailgetreu nachgebaut. Sein neuestes Projekt füllt gerade den Esstisch. Für den Bürgerverein restauriert er ein Modell des Stadtteils Neudorf.

  

Stammgast im Stadtarchiv

Einmal die Woche fährt Reinhold Stausberg ins Stadtarchiv und durchforstet die Bestände. Der Austausch mit den städtischen Historikern ist eng. Viele Jahre hat Stausberg sich auch in der Zeitzeugenbörse engagiert und an einigen Büchern über die Duisburger Stadtgeschichte mitgewirkt. Drei Ausstellungen hat er mit Objekten bereichert und eine wertvolle Sammlung an Feldpostbriefen dem Archiv überlassen. Frühzeitig hat der Hobby-Historiker in einem Testament geregelt, dass seine Sammlung daher auf keinen Fall einem Entrümpler zum Opfer fallen soll. „Sie soll ans Stadtarchiv und ans Stadthistorische Museum gehen.“

Auch Duisburger Karnevalsorden hat Stausberg so einige zusammengetragen

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